Digitale Identitäten in der Bundestagswahl: Die Nutzung durch die Bürger
Fragen: Nur wenige Bürger nutzen eine digitale Identität. Was halten Sie für die größten Herausforderungen bei der Nutzung digitaler Identitäten und wie gedenken Sie diese zu lösen?
Seit 10 Jahren gibt es den Online-Ausweis, genutzt wird er aber bislang eher selten. Wie wollen Sie es schaffen, dass mehr Bürger die neu eingeführte Smart-eID des Ausweises nutzen? Wie wollen Sie die Nutzung digitaler Identitäten weiterverbreiten?
Der Blick auf das letzte Jahrzehnt zeigt die Schwierigkeiten bei der Nutzung digitaler Identitäten: Kaum jemand nutzt den elektronischen Personalausweis. Der Weg zu einer breiteren Verbreitung und Nutzung durch die Bürger, sieht für die Parteien unterschiedlich aus. CDU/CSU setzen vor allem auf vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Ebenso sieht es die SPD und zählt auf, dass durch die einfachere Nutzung der Identität auf dem Smartphone, der Umsetzung des OZG und möglichen Kooperationen mit privaten Anbietern, diese Anwendungsmöglichkeiten geschaffen werden. Für die Grünen spielen breite Anwendungsmöglichkeiten auch eine Rolle, das zentrale Problem sehen sie aber beim fehlenden Vertrauen: „Das regelmäßige Scheitern von IT-Großprojekten des Bundes und die immer wieder auftauchenden Begehrlichkeiten der Sicherheitsbehörden haben zu einem massiven Vertrauensverlust geführt“. Auch die Linke sieht die größte Herausforderung beim Vertrauen in die Sicherheit digitaler Identitäten.
Antwort CDU/CSU
Eine digitale Identität entfaltet ihre volle Kraft, wenn sie einfach anzuwenden und Teil eines vollständig digitalen Prozesses ist. Wenn man sich digital identifizieren, aber Dokumente nicht digital unterschreiben kann oder eine verbindliche E-Mail-Kommunikation nicht möglich ist, dann wird wahrscheinlich auch die digitale Identität wenig genutzt werden. Das Zusammenspiel der Bausteine und die einfache Anwendbarkeit sind essenziell. CDU und CSU wollen daher die persönliche Brieftasche für alle Verwaltungsvorgänge, für jeden auf dem eigenen Smartphone. Damit Bürger und Unternehmen so sicher und so einfach wie möglich die digitale Verwaltung nutzen können, werden wir sie im Rahmen einer digitalen Grundversorgung mit elektronischen Identifizierungswerkzeugen, Signaturen und sicheren Postfächern ausstatten. Wir werden den Personalausweis als Schlüsselelement zur umfassenden und vollen digitalen Identifizierung auf das Smartphone bringen und seine Anwendungsmöglichkeiten konsequent erweitern. Diese Lösung muss europaweit skaliert werden. Die Nutzung wird erst dann auch für die grenzüberschreitende Wirtschaft attraktiv, wenn die Lösung nicht nur in Deutschland funktioniert, sondern auch auf den umliegenden Märkten. (Gemeinsame Antwort auf Frage 2 & 5)
Antwort Bündnis 90/ Die Grünen
Die größte Herausforderung ist Vertrauen. Die Bürger*innen müssen in die Sicherheit der staatlichen Angebote und Basisinfrastrukturen vertrauen können, um einen relevanten Skaleneffekt zu erreichen. Die EU und Deutschland müssen bei hoheitlichen digitalen Identitäten Vorreiter sein und Vertrauen durch Souveränität, Datenschutz und IT-Sicherheit schaffen. Dafür wollen wir Gütekriterien wie Dezentralität, technische Offenheit oder Überprüfbarkeit sicherstellen. Wer mit einer digitalen Identität ausgestattet ist, kann sich bequem authentifizieren und sicher kommunizieren. Gleichzeitig wollen wir GRÜNE die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass auch die Wirtschaft branchenübergreifend dieses Verfahren nutzen kann, etwa für sichere Loginverfahren, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen oder durch digitale Vollmachten erlaubte Zugriffe auf öffentliche Register, etwa zur Verifikation von Führerscheinen. Das erhöht die Verbreitung und Akzeptanz. (Antwort auf Frage 2) Das regelmäßige Scheitern von IT-Großprojekten des Bundes und die immer wieder auftauchenden Begehrlichkeiten der Sicherheitsbehörden haben zu einem massiven Vertrauensverlust geführt. Daher liegt der Schlüssel zur Verbreitung und zum Erfolg in dem Vertrauensaufbau durch gesetzliche Grundlagen, technische Gütekriterien und einer starken Aufsicht, wie es in Antwort 2 beschrieben ist. (Antwort auf Frage 5)
Antwort Die Linke
Die größte Herausforderung ist das Vertrauen in die Sicherheit und Zuverlässigkeit der digitalen Identität. Dies kann nur durch verbindliche, hohe Standards und einer stärkeren Verbreitung in den Produkten erreicht werden. (Antwort auf Frage 2) Eine verbreitetere Nutzung ist nur dann möglich, wenn die erforderlichen Sicherheitsstandards durch die Anbieter der entsprechenden Geräte erfüllt werden. Digitale Sicherheit erfordert entsprechenden Aufwand. Damit auch Bürgerinnen und Bürger ohne entsprechendes Smartphone die digitalen Angebote der Verwaltung nutzen können, müssen gerade in der Fläche Alternativen geschaffen werden, beispielsweise in Form öffentlich zugänglicher und einfach zu bedienender Terminals, an denen Behördengänge einfach erledigt werden können. (Antwort auf Frage 5)
Antwort SPD
Digitales Identitätsmanagement und die Nutzung digitaler Identitäten stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen; es müssen hohe Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit erfüllt werden. Die besten rechtlichen und technischen Lösungen bringen allerdings nichts, wenn sie nicht auf Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern treffen. Digitales Identitätsmanagement sowohl im privaten als auch öffentlichen Sektor flächendeckend als Grundlage nutzen zu können, wird komplex werden, so wie der Gewinn, den wir uns davon versprechen, groß sein kann. Zu den Details und möglichen Maßnahmen möchten wir auf die Antworten zu den anderen Fragen verweisen. (Antwort auf Frage 2) Tatsächlich kann und muss der Verbreitungsgrad des elektronischen Identitätsnachweises (eID) noch gesteigert werden. Das Verfahren zum elektronischen Identitätsnachweis mit einem mobilen Endgerät verspricht an sich schon eine diesbezügliche Verbesserung. Es handelt sich nämlich um ein Verfahren, das den Anwendungs-gewohnheiten der Bürger*innen gerecht wird. Diese sind es gewöhnt, Lebenssachverhalte wie das Stellen eines Antrags bei einer Bank oder den Erwerb einer Ware im Fernabsatz allein mit einem mobilen Endgerät durchführen zu können. Die sich aus dem Onlinezugangsgesetz ergebenen Verpflichtungen für Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende des Jahres 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, wird auch zu einer weitergehenden Verbreitung der eID führen. Bürger*innen stehen dann deutlich mehr Anwendungsmöglichkeiten für die eID zur Verfügung. Darüber hinaus muss darauf hingewirkt werden, dass die eID auch vom Privatsektor für digitale Identitäten genutzt wird. Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen sollten ebenfalls genutzt werden, um den Bekanntheits- und infolgedessen den Verbreitungsgrad zu steigern. (Antwort auf Frage 5)
Antwort FDP
Wenn die Angebote überzeugend sind, werden sie auch nachgefragt. Noch immer sind zu viele Behördenbesuche vor Ort notwendig. Wir Freie Demokraten wollen virtuelle Verwaltungen etablieren. Alle notwendigen Amtsgänge sollen virtuell und barrierefrei möglich werden und alle Dienstleistungen mit digitalen, medienbruchfreien Verfahren durchführbar sein. Eine zwingende Voraussetzung dafür ist ein sicherer elektronischer Identitätsmanager. Den Personalausweis auf dem Smartphone fordert die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag bereits seit längerer Zeit (vgl. BT-Drs. 19/8265). Er muss jetzt endlich Realität werden und bei praktisch allen (virtuellen) Verwaltungsvorgängen zum Einsatz kommen können. (Antwort auf Frage 2) Ein überzeugendes Angebot führt automatisch zu einer wesentlich verbreiteteren Nutzung. Solange das Angebot nicht überzeugt, helfen auch keine Kommunikationskampagnen. Wir wollen die eID auf dem Smartphone zum Zentrum des persönlichen Datencockpits machen und Behördenvorgänge konsequent digitalisieren (siehe dazu BT-Drs. 19/28169). (Antwort auf Frage 5)
Die Antworten der Parteien auf weitere VSDI-Wahlprüfsteine finden Sie hier. Aktualisierung: 21. September 2021